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                                                                                               in memoriam

Gerhard Bielicke,

genannt Kerfin

 

1935 - 2016

 

der hochsprung

als er

mit seinem

letzten sprung

in die anziehungs

kraft

des mondes

geriet

hatte

die medaille

nach

menschlichem

ermessen

das nachsehen

 aus: Die wundersame Rettung der Stadt F. (Gedichte und Prosa) 1972

 

 

Lieber Kerfin,

bist Du noch unterwegs? Oder bist Du schon angekommen?

Du hattest kein großes Interesse an Fragen zum Leben nach dem Tod, eher warst Du beschäftigt mit den Fragen zum Leben vor dem Tod.

Von Nauen aus hast Du Deinen Lebensweg beschritten, einen Weg, der gradlinig krumm zu Dir führte und Dich das Fragen gelehrt hat.

Von Nauen aus bist Du als junger Mann nach Berlin gegangen, hast das Abitur nachgeholt, obwohl Deine Lehrer darin für Dich keinen Sinn sahen. Als Beamter hast Du die Kreuzberger Künstlerszene kennengelernt – da war es um Dich geschehen.

Du wurdest Poet.

Du wurdest ein Poet der kurzen Sätze, der hinterlistigen Gedanken, der kargen Form, karg wie Dein Leben immer wieder war.

Du kanntest Dich aus.

„Ende der fünfziger Jahre, als die Kunst laufen lernte in Kreuzberg, suchte sie ein Zuhause, ein Dach über dem Kopf, in Kellerräumen, kargen Stuben und Fabriketagen der Hinterhöfe. Nicht selten dienten Atelier und Druckwerkstatt auch als Schlaf- und Wohnstätte. Der Weg des einzelnen Künstlers war hier fast immer ein Weg der Selbstfindung und Selbstentdeckung.“ (Kerfin, Katalog Artur Märchen 1982)

Die Poesie war Dein Anker. Dein Zuhause war Maritta. Maritta, deren Tod Du nicht überleben wolltest. Aber das Schicksal durchkreuzte Deinen Plan.

Auf Bali hast Du Deine Leidenschaft für schöne Frauen wiederentdecken können.

Nur Deine Gedichte haben nicht den großen Leserkreis gefunden, die sie verdient gehabt hätten.

Einen kleinen feinen Leserkreis hatten sie allemal. In Kreuzberg hattest Du Dein Publikum, hast Du gelesen in der Kreuzberger Weltlaterne und bei Hugo. Erinnerst Du Dich?

Du erinnerst Dich. Ich bin sicher. Dein Gedächtnis war phänomenal. Die Geschichte der Kreuzberger Boheme konntest Du erzählen, als läsest Du sie gerade. Erinnerst Du Dich?

Jede Einzelheit konntest Du berichten. Trotz der vielen Biere, die über die Jahre den Weg zu Dir fanden. Deinen Kopf haben sie nie erreicht.

Jetzt, Kerfin, hast Du den letzten Sprung gemacht. Wo bist Du angekommen? Wir wüssten es gern.

Wir wünschen Dir, wo immer Du jetzt bist, stets ein kühles Bierchen und dass Dir Dein Gedächtnis und Deine Poesie erhalten bleiben.

 

Elvira

für alle Leser und Leserinnen der Kreuzberger Miniaturen, von kreuzbook und für alle, die Deine Gedichte kennen und lieben

 

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